Fantastische Tierwesen und wo und warum sie außerhalb der antiken Mythologie zu finden sind – eine Spurensuche im Harry Potter-Universum und darüber hinaus

Autor/innen

  • Sonja Schreiner

Schlagworte:

Joanne K. Rowling: Newt Scamander. Fantastic Beasts and Where to Find Them, Friedrich Justin Bertuch: Bilderbuch für Kinder, Conrad Gessner: Historia Animalium, Plinius maior: Naturalis historia, Artenschutz

Abstract

Fabelwesen haben seit der Antike ihren Platz in der Literatur – in belletristischen Genres und in Fachbüchern und Enzyklopädien: Diese aus moderner Sicht unvereinbare, im Altertum gängige Kombination hat zu einer parallelen Betrachtung von fachwissenschaftlicher Auseinandersetzung und Paradoxographie geführt. In der Kinder- und Jugendliteratur und im crossover-Segment hat das Nebeneinander von existierenden Lebewesen und phantastischen Geschöpfen Tradition: Es hieße, die sprichwörtlichen (und im Mythos beheimateten) Eulen nach Athen zu tragen, über nichtmenschliche Wesen in Märchen, Sage oder Phantastik schreiben zu wollen. Eine Spurensuche in Joanne K. Rowlings magischer Welt verspricht hingegen, einige noch blinde Flecken auf der Landkarte des Zauberer- und Hexenreiches „einzufärben“. Newt Scamanders Schulbuch Fantastic Beasts and Where to Find Them ist eine Fundgrube: literaturtheoretisch, weil es als spin off der Harry Potter-Reihe erschienen ist – in Editionen für Leser*innen verschiedenster Altersgruppen; künstlerisch, weil die Ausgaben das Vorstellungsvermögen der Rezipient*innen durch hochwertige Illustrationen unterstützen; intermedial, weil die Biographie des Fachbuchautors eine filmische Umsetzung gefunden hat, und damit auch filmwissenschaftlich, da ein Streifen über Newt Scamander ohne special effects, die seine Geschöpfe zum Leben erwecken, kein blockbuster wäre. Der Beitrag unternimmt den Versuch, über mehrere (neuzeitliche) Zwischenstufen Quellenstudien und Antiketransfer zu verbinden und den Nachweis zu führen, dass neben dem Nebeneinander von fact und fiction die Artenvielfalt aus altbekannten fabelhaften Kreaturen und innovativen Neuschöpfungen den unverwechselbaren Zugang der Altphilologin Joanne K. Rowling ausmacht. Dazu gehört die Transformation von Phantasiewesen, die man zu kennen glaubte: Ganz nach der (nicht für Kinder geschaffenen) Devise Ist mir doch egal, wie alt ich bin; ich will jetzt mein Einhorn! Doch Rowling geht mit Scamanders Lehrwerk noch weiter: Sie tritt für Artenschutz ein – vordergründig auf der phantastischen Ebene, hintergründig und nachhaltig als mahnende Metapher für den Umgang der Spezies Mensch mit seinen Mitgeschöpfen. 

Autor/innen-Biografie

Sonja Schreiner

Neolatinistin und Komparatistin, Wissenschaftsreferentin im Institut für Klassische Philologie, Mittel- und Neulatein der Universität Wien; Forschungsinteressen: Fachliteratur (mit den Schwerpunkten Zoologie und [Veterinär]medizin), Wirkungs- und Wissenschaftsgeschichte, Adaptationsstrategien antiken Wissens für Kinder und Jugendliche 

Zusätzliche Dateien

Veröffentlicht

2021-02-24