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Die
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Das von Franz Hebenstreit von Streitenfeld (1747–1795) wahrscheinlich im Laufe des Jahrs 1792 auf Latein verfasste Gedicht
alberne Recht der Erbfolgegeht weit über die politischen Positionen der meisten zeitgenössischen bürgerlichen Revolutionäre hinaus und nimmt – so zumindest die Einschätzung von Edith Rosenstrauch-Königsberg 1974/2001: 221 – manche Einsichten von Karl Marx vorweg.
Der im Juli 1794 als einer der Hauptprotagonisten der so genannten Jakobiner-Verschwörung
verhaftete Platzoberlieutenant
Hebenstreit konzipierte in diesem Gedicht eine Welt, deren unermeßliche Schätze
in gemeinsamen Speichern
zu sammeln seien
und in der alle das Gleiche erhalten
sollten – kein Wunder, dass der ebenfalls als Jakobiner
verhaftete Andreas Riedel diese Gedankenwelt im November 1794 gegenüber den
Behörden der Habsburgermonarchie als Hebenstreitismus oder Kommunismus
bezeichnete Körner 1972:
255, Anm.78. Seit der unter Franz II. in Österreich 1792 einsetzenden
Reaktion war dies eine gefährliche Position – auch dafür wurde Hebenstreit des
Hochverrats beschuldigt und zum Tod durch den Strang verurteilt.
Dieser Ausgabe von
Kriegsmaschinedem französischen Nationalkonvent vorlegen sollten (dazu zuletzt: Pasetzky 2000).
Ein herzlicher Dank geht an Herrn Franzjosef Schuh (Hamburg) für sein Einverständnis, seine Übersetzung für diese Neuausgabe zu verwenden, für die Durchsicht des OCR-Scans und Hilfe bei der Layoutierung danke ich Christian Zolles.
Was denkts enk denn, daß gar so schreits Und alles auf d’ Franzosen? Den Louis haben’s köpft – Ja nun mich freuts Er war schlecht bis in d’ Hosen. Heut hat er ’n Volk ein Eid geschworn Morg’n hat er ’n wieder brochen. D’ Freiheit war ihm in d’ Augen ein Dorn S’ Volk wollt er unterjochen. Drum fort mit ihm zur Guillotin Denn Blut für Blut muß fließen, Hätt man nur a hier so a Maschin, Müßt’s mancher Großkopf büßen. Schauts nur die Russisch Kathel an, Die enk jetzt ist so heilig Hat’s nicht den Kaiser, ihren Mann, Abg’setzt und g’mordt abscheulig? Wann’s Volk einmal eam nimmer mag, So muß er stille sitzen: Sonst trifft ihn halt der rechte Schlag Wenn er muß’s Blut verspritzen. S ist ja das Volk kein Arschpapier Und darf auf sich wohl denken, Wer halt nicht lernen will Manier, Den Lümmel muß man henken. Schaut’s enker Kaiser Kind nur an, Mit ’n Adel tut er’s halten, Der Ludwig hat’s halt a so tan, Drum haben’s ihn ja nit g’halten. Was tun’s denn all die Herrn so groß, Die ihr so hoch tut’s heben, Da spitzen’s halt beim Weiberschoß Und spiel’n mit enkern Leben. So manches gutes Mutterkind Hat elend sterben müssen, Weil enker Franz, von Hoffart blind, Will, daß d’ Franzosen büßen. Was geh’n ihn denn d’ Franzosen an, Dort hat er nichts zu kehren, Wär er lieber hier ein rechter Mann Und hielt enk fein in Ehren. Enk, das heißt enk, die er nicht kennt, Enk Trager, Schiffleut, Hauer, Den, der ’s Holz hackt, der d’ Kohlen brennt, Den Handwerksg’selln, den Bauer. Denn sagt’s mir’s, ist im ganzen Land Wer z’finden, der was macht, Wenn er nit ist mit enk verwandt Und nit mit enk veracht? Wer nur a wenk an Titel hat, Und heißt er nur ein Schreiber, Der zerrt ihn schon beim Vetterndraht, Als wie ein Bärentreiber. Drum schlagt die Hundsleut alle tot Nit langsam wie d’ Franzosen, Sonst machen s’ enk noch tausend Not ’S ist nimmer auf sie z’losen.
Übersetzung aus dem Lateinischen: Franzjosef Schuh Im
Gegensatz zur Edition bei Franzjosef Schuh werden die Zeilennummern
nicht in einer eigenen Spalte angeführt, sondern in eckigen Klammern am
Schluss der Zeile.
Religion, Gesetze und Richter, – Belohnung und Strafe, all das besteht, aber das Böse nimmt zu; wo also liegt der Ursprung des Lasters? Während ich das betrachte, erschaudert vor Schrecken mein Inneres. Die Einsicht ist unterbunden, Trauer ergreift gänzlich mein Herz, und auf die Wangen stürzt aus dem bedrückten Herzen die Träne. [5] Was soll ich tun? Ist es denn etwa erlaubt, die Wahrheit zu sagen, die heiligen Rechte zu wahren, die unsrigen, und darf man gar aufzeigen das glückliche Leben? Doch, warum sollte es nicht erlaubt sein! Warum ängstigt dich Kleinmut? ***
Glücklich wäre der Mensch, wenn die Wahrheit über ihn herrschte; unglücklich ist er nur darum, weil der Blinde den Blinden nicht führen kann, [10] ohne beim Gehen schließlich nicht doch zu stürzen, – der eine über den andern. Väter! Vorfahren! Hättet ihr doch bei der Verteilung des gemeinsamen Gutes, hättet ihr doch im Auge gehabt, worauf die Verteilung hinausläuft; nach einem heilsamen Plan hätte die richtige Einsicht jene Rechte als schlecht verworfen, die den Menschen zu solch wütenden Taten verleiten, [15] indes Gesetze befehlen, das unrecht erworbene Gut zu verteidigen. Der Mensch wird nicht als Sklave, und als Herr wird er auch nie geboren, sondern sie alle werden geboren als Kinder, die ganz gleich sind kraft ihrer verständigen Sinne. Gesetzesgeber! Staatenlenker! Habt denn ihr den Menschen erschaffen, ist er nicht Gottes Geschöpf? [20] Wie unterschiede sich denn das Schwert von den Schwertern, der Krug von den Krügen? Sowie es das Eigentum gibt, gleich findet das Böse den zündenden Nährstoff. Hierin sitzt das Laster. Was sonst schreit denn der Neid? Er schreit, daß die verständigen Sinne einen Anspruch erheben auf gleichen Genuß. Dieweil es nämlich nur einVerständnis, nureineEinsicht in den Genuß gibt, [25]das allen verfügbare Gut aber fehlt, – erhebt sich glühender Neid. Er ist das Laster für dich, – soll seinetwegen die heilige Natur die Mutter sein des Verbrechens, da du ja das Laster des Neides herleitest aus ihr? Ist die Natur also schlecht, nur weil sie das beansprucht als heiliges Recht, was man ihr schuldet, – so nimmt sie es wahr, jetzt und für immer. [30] Nehmen wir einmal das Unzutreffende an, der Mensch sei schlecht, er sei der Erbe des Lasters, wird dann ein Mitmensch, der auch nicht besser ist, jenen schlechten Menschen verbessern? Gib mehr, als du hast. O Schande! Das ist die Weisheit unserer Gesetze! Heilige Gottheit! Was hättest du außer Gutem geschaffen! Wer wird das Böse, das wir erleiden, herleiten aus deinem heiligen Gesetz! [35] Ewigen Gesetzen eifern wir nach in allen Gefahren des Lebens, gläubig. Und es schrecken uns nicht Pranger noch Tod. Weder die Tugend noch das Laster fallen uns zu durch das Klima. Sieh die heutigen Deutschen: wie verschieden doch sind sie von denen, die weder zu lügen noch die Treue zu brechen verstanden; [40] eine freie Stirn, eine einfache Art erlaubte, sie zu ergründen. Und dennoch beeinflußt sie heute dasselbe Klima wie damals. Oder sieh die Portugiesen: nicht mehr wie ehedem fleißig, sind sie jetzt träge und faul, schlaff wie Aristokraten; diese Metamorphose schaffte das Gold. Das Klima ist wie am ersten Tag. [45] Auch nicht der Unterschied im Temperament bringt das Böse hervor. In wievielen Fällen kannst du doch sehen, wie einer – nun nicht mehr verschwenderisch – unfruchtbare Schätze gehäuft hat oder auch wie er – anders – das Gegenteil tat? Und der Ängstliche, – er lernt in der Schlacht den Tod zu verachten, ohne auch nur ein wenig sein Temperament zu verändern. [50] Sieh, wohin du auch willst: die heilige Natur geht nicht nach dem Laster, sie verfolgt ihren eigenen Sinn, und verhinderte das kein Kodex oder angenommener Brauch, – es gäbe auch keine Übertretung. Allein die Natur belehrt; wenn sie nicht führt, wird jeder zum Lügner. Allein die Natur belehrt; naturgemäße Gemeinschaften gründet; [55] auf diesem Fundament werden sie den Frieden und nicht die Laster verehren. Nach unseren Normen jedoch, töricht auf Grund ihrer Widernatur, vermögen die Menschen jetzt und in Zukunft niemals zu leben. Noch keiner war bisher in der Lage, gleichgültig was und wieviel er getan, das kodifizierte Gesetz wirklich zu erfüllen. [60] O niederträchtige Gesinnung! Jetzt sitzt das Laster im Zentrum – auf den Altären. Schamlos wagen es nun die Gesetze, uns unser Eigenes zu bestreiten, Gesetze, die uns auseinanderreißen durch den bornierten Unterschied der Geburt, die die Früchte der Erde, die überreichen Geschenke der gemeinsamen Mutter Natur, die – o ungerechtes, entsetzliches Verbrechen! – all dies den einen [65] zur Produktion überlassen, den anderen es aber hinwerfen, sich die gefräßigen Gurgeln damit zu stopfen. ***
Wem hat es genützt, die Gesetze zu stützen auf blutige Strafen? Die Gewalt hat durch zahlreiche Tore die Laster hereingeführt. Hier war’s ein Konsul, dort ein Ephor und anderswo ein König, die danach suchten, gültige Gesetze zu erlassen, um ihren Besitz auf verbriefte Tatsachen zu gründen; [70] aber schon bemühten sie sich mit all ihrer Kraft, diese Gesetze auszuweiten und abzusichern. Bald gab es Schandpfähle, den Stock und die ruchlose Folterpeitsche; und so konnten sie’s wagen, bald mit Gewalt, bald mit Betrug die Völker zu unterwerfen und dann zu zwingen zu freudloser, schwerer, zu nutzloser Arbeit, – sie haben’s gewagt, die ängstlichen, widerstrebenden Glieder zu peitschen. [75] Allein, noch nicht genug. Ersprießlich schien es vorzuschreiben, was zu denken geboten, und was verboten sei: und schon gab es die Axiome des Trugs. Magst du es nämlich noch so gut wissen, daß zwei mal zwei vier ist; für den Fall, daß die gegenteilige Ansicht bestimmte Vorteile verspräche, würden die Mächtigen sicher selbst dies Axiom als eine Häresie [80] fort und fort verbieten oder durch Betrug zu verschleiern bemüht sein. Ja, so ist das mit der Gleichheit, die die ganze Natur unter Beweis stellt, die dem König nichts gibt, was nicht auch jeder Bauer von Kind an durch die Geburt aus dem Schoß einer Mutter genauso besitzt, ohne daß ein Unterschied zu machen erlaubt ist; [85] und so ist das auch mit unserem Recht, – ein ursprüngliches Recht ist’s auf gemeinsamen Genuß, aber man hat es mit Schlägen, Schandpfählen und Scheiterhaufen, durch den gemeinsten Betrug weit von uns weg vertrieben, – weil es den Usurpatoren so nützte, die ihr Rauben mit dem Gesetz verbrämten. Auf diese Weise wuchs das Buch der Gesetze, und aus diesem gemeinen Ursprung [90] nur durch Gewalt entstanden, erfreuen sich jetzt die Gesetze ihres Gebrauchs. ***
Oft zwar entzündete ein Drang, das ursprüngliche Recht wiederherzustellen, eine Begeisterung und gab den Rat, zu den Waffen die Zuflucht zu nehmen. Und es stand auf gegen den König das Volk, für den König seine Vasallen. Belohnung verliehen da die Könige und Privilegien, wie sie noch keinem [95] zu Ohren gekommen, und sie schufen den hohen Adel. Nicht Geringeres dieser Art verlieh das Volk, und sie schufen sich Führer. Die einen von den Vornehmen – hätten sie doch als Soldaten mitten in den Schrecken des Todes ihren Auftrag erfüllt, aber sie hatten’s besiegelt mit dem Blut ihrer Brüder – sie nun hatten sich also diese Privilegien gänzlich zu eigen gemacht. [100] Und andere folgten dem Beispiel unter dem Rat ihrer Klugheit: (indessen wäre es besser, die Brüder in Ketten zu legen, als daß die eigenen Glieder den Verstand unterwerfen dem Schwert) denn – obgleich doch Verehrer edlerer Sinnesart, brachten sie das als Belohnung heim, was nur erlaubt, den Bruder zu unterwerfen dem Bruder. [105] Die gegenseitige Liebe, die unverletzliche Freiheit, die bis zu diesem Zeitpunkt noch schwach zu glühen sich mühte, hier und jetzt setzte ihr Sturz ein, bis daß der Scheingott der Ämter, bis daß der Mammon die brüderlichen Bande gänzlich zunichte gemacht. Was hatte der Wille genutzt, den ursprünglichen Zustand zurückzuholen, [110] was hatte genutzt das heftige, holde Begehren, Widerstand aufzunehmen? Daß man noch unnachsichtiger als bisher die Fesseln anlegte, daß die Könige sich in befestigten Burgen verschanzten, ihr Anhang zahlreich die Hallen erfüllte: daß schließlich sich mit der Gewalt der Betrug verband, dazu hatte der Wille sie überredet, damit fest auf starken Stützen steh’ die Gewalt. [115] ***
Wen kannst du denn nach diesen Greueln, nach diesen Taten noch glücklich nennen? Keine Reinheit, kein Friede, kein Glück kann sein, wo nicht die Wahrheit und wo nicht die holde Natur uns führen. Sieh dir die an, die das Leben genießen: leben sie etwa glücklich? Keineswegs! Wünsche haben sie, und brennend läßt die blinde Begier [120] ihrem Verstand keine Ruh und quält ihn und ängstigt ihn mit modischen Neuerungen. Immer bleibst du derselbe Mensch, wie du dich auch kleidest; wie du auch wohnst, nie wirst du ein anderer sein. Und es fördert dich nicht, den Namen schmückend zu höhen, und auch nicht, ein Zepter zu tragen. Ach, was sind das für Nichtigkeiten, die wir so begeistert verehren? [125] Was ist der königliche Prunk, was überhaupt der Ruhm dieser Welt? Das Gold, das du verschwendest, dem du mannigfache Gestalt zu geben verstehst, dessen Preis du festgesetzt hast, dein König ist es nunmehr. Nein, nicht einem Herrn verschaffst du Kleidung, nein, du stehst keinem König bei, für das Gold nur tust du das alles, das Gold, das ohne dich nur ein taubes Gewicht wär. [130] Die Geltung des Goldes, die der Mensch selbst geschaffen, sie regiert jetzt den Menschen! Doch wie hätte diese verfluchte Chimäre, gänzlich empfindungslos, so lange Zeit zu überdauern vermocht, wie hätte sie jemals die Unterworfenen regieren, die herrschenden Könige beherrschen und die Krieger ihrem sicheren Tod unterwerfen können, [135] ohne daß wir selbst einem uns eigentümlichen Schemen eifernd dienten, ohne daß den Blinden ein anderer Blinder führte. Ja, so ist es! So wirst du nicht von der Wirklichkeit, von deiner Einbildung wirst du geleitet. Du erdichtest, was du nicht weißt, da man das Deine zu verachten dich lehrte, und von den Schattenbildern, denen du folgst, die du ergreifst, wirst du nicht satt dann. [140] Du fragst wieso? Weil auch der Bauch sich nicht sättigen kann am Bild einer Speise. Und es sind dabei die Geschmäcker wie die Menschen so zahlreich, weil keins von den Bildern wirklich etwas ist, und während der eine über seine Erscheinung Ideen erdichtet und diese Ideen dankbar im Geist registriert, empfindet der andere sie unangenehm. Einfach ist die Wahrheit, und einfach ist ihre Idee. [145] Ist sie erkannt‚ erzeugt sie keinen Geschmack, sondern durchaus denselben Verstand, und alle Menschen führt sie zu einem einzigen Ziel. Aber sooft wir den inhaltslosen Schatten uns widmen, entsteht ein schimmerndes, erlogenes Bild eines Nichts; und da es so der Natur entbehrt, verleitet es uns zu entgegengesetztem Geschmack. [150] Unwandelbar nämlich wäre unser Geschmack, gäbe es keine eingebildeten Vorstellungen, – wenn jedweder Gegenstand in seinem eigentümlichen Glanze sich zeigte. Doch bei deinemAbmessen der Dinge suchst du, ihnen Fremdes zuzufügen.und das Seiende falsch zu bestimmen. Im Glauben, es sage dir zu, stürmst du jetzt zu jenem hin; [155] doch du siehst, es ist nichts, sobald du versuchst, es zu gebrauchen. Dann erlebst du dich entleert, und nach der Jagd auf ein anderes Bild, bringst du dieselbe Leere von neuem zurück. Also machst du umsonst dir die Bilder, bestimmst Chimären und häufst sie auf, Chimären, von denen noch niemand je eine Frucht gesehen bis heute. [160] Welcherlei Übel erzeugt doch das Begehren, selbst so häufig zum Narren gehalten! ***
Glückloses Geschöpf! Nach so vielen Jahrhunderten heute noch blind! Einer Anschauung erdichteter Inhalte, nicht von der heiligen Natur verliehen, warum läufst du töricht hinter ihr her? Ist es denn etwa dein Schicksal, ewig derart gegängelt, aus einem Irrtum in den andern zu fallen und dich selbst zu verachten? [165] Wieso Schicksal, wieso Fatum, da doch von Ewigkeit her eine ordnende Gottheit lebt? Ob Schicksal, ob Gottheit, beide zugleichkönnen nicht göttlich sein.Was sind denn das für Verhältnisse, die den wechselnden Lauf der Welt, der auf uns lastet, zu knüpfen vermochten, die uns unter dem Namen des Schicksals heute losreißen von unserem Verstand und abwechselnd wieder mit ihm verbinden? [170] ***
Solange die Sterblichen die Früchte der Erde gemeinsam genossen, brauchte man nichts zu verbieten, und kein Genuß war ein Verbrechen. Die Sprache war lauter, es gab keinen Kerker, keine Majestät. Keinen Befehl gab es und keine Demutshaltung. Keiner galt mehr, keine Unterscheidung auf Grund der Geburt; [175] man kannte keine Verletzung und keine Zwietracht. Die Früchte des Feldes grünten nicht unter Zwang, und die Pflanzen blühten nicht,um den Menschen zu nähren – kannte er doch noch keinerlei Künste; sie dienten vielmehr als Nahrung für’s Vieh. Die Menschen aßen damals hingegen die Früchte der Bäume oder das, was die Erde gab zum rohen Genuß; [180] auch zerfetzten sie Fleisch nach dem Beispiel des Wolfes. Bis zu diesem Zeitpunkt galt Frömmigkeit noch, gab es kein Übel; aber es galt die Gleichheit, es lebte die ursprüngliche Unschuld. Doch da brachte den Menschen das Spiel seiner Hände zu erstaunlichen Künsten; er verband ein Ding mit einem anderen, und – aus Zufall – hatte man eine Erfindung gemacht. [185] Und wie die Erfindungsgabe im Spiel der Hände sich zeugte, so brachte das Staunen darüber eine Verehrung hervor, die zunächst die Winke des Meisters zu ehren empfahl, endlich jedoch mit Meisterlehren den Menschenverstand in die falsche Richtung sich lenken zu lassen; und nunmehr gibt’s den Befehl, geboren aus Ignoranz. Denn, was wir nicht kennen, bestaunen wir blöd und verehren es alle; [190] unser ursprüngliches Wissen kann noch so bedeutend und nützlich sein, dem Neuen setzen wir es hintan; daß das auf Grund unserer Dummheit auch heute noch derart geschieht, wissen wir: die nützlichen Künste nehmen nutzlose auf und gewähren so erweiterte Vorteile. Und mag das alles noch so steril, so gänzlich unfruchtbar sein. [195] Der Haarkünstler, der Maler, der Bildhauer, der Tänzer, nutzlose Künste üben sie aus, zumindest solche, ohne die man leben könnte; aber sie bringen Titel ein und ein lächelndes Leben. Der Bauer dagegen, ohne den kein einziger leben könnte, er hat ein schweres Leben und wird verachtet und derart gering geschätzt, [200] daß man ihn halb für ein Tier und halb nur für menschlich hält. Kann man sich da noch wundern, daß die Menschen von damals in ihrer großen Unwissenheit nicht nur die Künste, sondern auch deren Vermittler verehrten, ja sogar wie göttliche Wunder bestaunten; daß sie dem, der sich so hervorgetan hatte, noch nicht begriffene Rechte verliehen, [205] um sich ihm gefällig zu zeigen, und daß sie auch ihre ursprünglichen Rechte, unter deren Einfluß ihr leichtbeweglicher Sinn unmittelbar vorher nicht gestanden, und die sie also kaum begriffen hatten, – was Wunders, daß sie auch diese Rechte ganz und gar zunichte gemacht? Weil der Kunstfertige damals als einziger tätig war und mit seiner Arbeit belehrte, konnte er meinen, er habe etwas zuwegegebracht. Heute aber, [210] wo jedermanneine Kunst ausübt (außer er ist von Adeloder hat feste Revenüen aus dem Vermögen der Eltern) unter den heutigen nützlichen Künsten kann man gerechterweise nichts mehr hervorheben; und durchaus töricht ist es, nutzlose Künste noch zu bewerten. Ebenso wie eine Kunst zu demgehört, der sie bei seinen Versuchen gefunden, [215]genauso galten auch ihre Produkte als sein eigen. Hier entstand nun die erste Erfahrung von Eigentum, von hier geht alles übrige aus. Jetzt erst entwickelt sich diese auftrumpfende Autorität der Eltern, das blinde Recht des Erstgeborenen, das Tränen bringende Recht der Peitsche. Und auch unser überaus albernes Recht der Erbfolge. [220] Hier beginnt das Schicksal, das die Gemeinschaft der Brüder zerreißt, zerreißt in zahllose Familien, gesondert nach dem Namen der Väter, – das Schicksal, das die weitausladenden Bögen des Himmels erfüllt hat mit den pechzähen Verbrechen Pandoras, die, nunmehr über den ganzen Erdkreis verstreut, nicht mehr auszurotten sind, – so groß ist ihr zündender Nährstoff. [225] ***
Sind nun die Menschen diese Wege gegangen, weil Arglist sie verführt hat oder wurde an ihnen der verfluchte Wille zu schaden sichtbar? Sie wußten nicht, was sie taten, und so hatten sie die Fundamente der Übel gelegt, aus denen sich jetzt, wie du siehst, die Laster erheben. So waren die Völker entstanden und indem sie einfach unterschiedene Künste pflegten, – [230] Künste, die ihnen ihr Heimatboden als Gegenstand ihres Fleißes vermittelt hatte, verfolgte das eine Volk diese eine Lebensweise, das andere aber eine davon verschiedene. Auch die Sitten wurden derart bei ihnen eingeführt – unterschieden nach Maßgabe der Art ihres Lebens – und angenommen dann als moralische Norm. Dasjenige Volk, das sich auf’s Leben im Walde und auf’s Jagen verlegte, [235] wuchs – unstet umherziehend – heran und baute später erst Häuser. Sie fürchteten nicht die Dunkelheit, nicht die Kälte und auch nicht die Hitze, sondern stark wie sie waren, griffen sie Stiere, ja selbst Löwen an und besiegten beherzt die drohenden Tiere. Hatten sie sich doch eifrig und mit strenger Sorgfalt daran gewöhnt, [240] ihre nackten oder nur teilweise bedeckten Glieder auszusetzen den Klauen, dem Biß, ja selbst dem Tod – und auch der Witterung. Das andere Volk jedoch, wofern es die Felder bebaute und die Kunst des Ackerbaus pflegte, hatte sich an die sanfte Muße eines süßeren Lebens gewöhnt; und es strebte danach, gefundenen Künsten neue hinzuzufügen. [245] Hier also wurden die Sterblichen dazu geführt, treffliche Künste zu pflegen, dort jedoch tapfere Taten; aber hierbei –‚ im Zusammenhang mit der Erfahrung des Eigentums, die Kräfte oder den Geist zu ergründen, war nicht machbar ohne Gewalt, nicht ohne Betrug. ***
Das war in Erscheinung getreten: da machte man sich daran, ein Mittel zu finden, die widersprüchlichen Rechte zusammenzubringen und dem Bösen zu wehren. [250] Ohne Ergebnis blieb dieses Bemühn jeweils, nichts schaffte Abhilfe. Das Gesetz engte die Menschen ein, doch ihre Natur hatte früher oder später die Gesetze besiegt, ohne daß siesich geändert hätte.Durch den Erlaß von Gesetzen, die der Natur widerstreiten, bemühen wir uns, den ewigen Gesetzen des Schöpfergottes zu widerstehen. [255] Verdientermaßen führt dieses Bemühn zu nichts und ist unnütz; als ob du diejenigen, die das unrechte Recht der Geburt oder des Besitzes auseinandergerissen, als ob du die durch Gesetze wieder zu sicheren Brüdern machen könntest; eher gelänge es dir, die Flüsse und Meere trocken zu legen. Politisch sind unsre Häuser auf Sand gebaut. [260] Es nützt nichts, den unerfahrenen Geist im Meer der Dunkelheit zu versenken, das er doch überwindet; und endlich zum Aufgang des Lichts gelangt, bespuckt er die verehrten, die angebeteten Schatten. Oder werden die Menschen ewig ihre geistigen Dreckgeburten verehren, wird denn keiner eher seinem eigenen Lichte folgen?! [265] Lange galt dies so, und vielleicht würde es auch heute noch gelten. Aber seitdem die Doctores der himmlischen Weisheit königlich herrschen und Königsinsignien tragen – sie funkeln im Glanz ihrer Edelsteine – seitdem sie in ihrer Herrschaft mit ihrem eigenen Beispiel Schule gemacht, die gültigen Befehle Gottes zu verachten, indem sie das Unrecht beschützten, seit diesem Zeitpunkt [270] sieht der denkende Mensch nur noch Ärgernisse und verweigert dem Dekalog und den Pandekten den Glauben. Ach, was für törichtes Zeug vermitteln sie uns mit ihren Widersprüchen, damit bestehen bleibt der Betrug und das gewalttätige Recht. ***
Sie blähten sich irgendwie auf, göttliche Befehle verkündeten diese Männer [275] und göttliche Einsichten und Gesetze, die ihnen die Gottheit verliehen, um die durch Gewalt schlechtgewordenen menschlichen Sinne zu zügeln; und um den Elenden einen dauernden Trost zu gewähren, trieben sie ständig Verrat und belegten ihre eigenen göttlichen Wesen mit bezeichnenden Namen. Einerseits vollbringe die göttliche Gnade unermeßliche Wunder, [280] und andererseits plane ihre höchste Gerechtigkeit ewig voraus: das zählen sie uns herunter; zu einem Aufseher auch über das Schicksal haben sie Gott gemacht, beeinflußbar durch Bitten, Lobspruch und Opfer. Denn da die Gesinnung und der Machtwille der Könige bekannt war, der Könige, denen Weinen, Unterwerfung und Lobhudelei gefiel, [285] war ihrer Meinung nach die allmächtige Gottheit diesen vollkommen ähnlich. Und es kam hinzu die Hohlheit der Könige, die rasende Wut des Tyrannen, Laster, womit sie die Gottheit auch ausstatten wollten. Und weil man auch einige gütige Könige sehen konnte, wurde auch die äußerste Güte zu einer Eigenschaft Gottes. [290] Diese, dem Gotte unwürdigen Dinge hat hervorgebracht ihre heilsameWeisheit,und um die Brüder, die ihre Weltordnung in Klassen geteilt, wieder gleichzumachen, setzte man über den König ein höchstes göttliches Gericht. Und also verhieß man den Elenden die Freuden eines ewigen Lebens. Aber so wie man gar nicht wünscht, daß du in der Fremde an einem Ort [295] ankommst, wenn man dir einen falschen Weg zeigt, – so fährt auch diese Wissenschaft auf tönernen Füßen hartnäckig fort, den Lügen neue Lügen hinzuzufügen, – und dazu wurde nicht nur geraten, nicht nur empfohlen, nein, es war ein unerbittlicher Zwang von obenam Werk.Bald war die ganze Welt erfüllt von den Nichtigkeiten der Könige, [300] war erfüllt von erlogenen Wundern, – und unterwürfige Demut trat an die Stelle des lauteren Sinnes. Tempel mit Götterbildern, Schätze in den Tempeln, prangende Altäre: der gottlose Prunk der Götter! Verbrechen waren das Mittel zur Reinigung ihrer eigenen Produkte. Diese Schemen haben Bestand, wie sehr sie auch als bekannte Lügen [305] meistens Gelächter erregen, und niemand mit Einsicht, niemand mit Vernunft oder auch nur mit Menschenverstand würde dran glauben; aber weil du dran glaubst, behalten sie weiter Thron und Altar. ***
Diese Gottesvorstellung, die so viele Schulen verkaufen, sie entspräche dem Gott, den kein Verstand je begreift? [310] Oder wären etwa ihm, unserem Schöpfer, unbekannt gewesen unsere künftigen Taten; und soll er gar ihnen (zum ersten Mal belehrt durch Erfahrung und um uns zurückzuführen oder unsern hochfahrenden Willen zu zügeln) soll er darum diesen künftigen Taten Gesetze entgegenstellen, Gesetze, die er schließlich selbst korrigiert und dann dem Klerus überträgt zur weiteren Korrektur; [315] nur daß über die Tatsache der Gesetze hinaus die alten Laster weiter bestehn, sollte dies ungenügende, alberne Wesen Gott sein? Gott ist kein Monarch, nein, – Gott ist jener, der die Natur geschaffen, der den unermeßlichen Erdkreis gegründet; dies Sein ist ewig, man kann es nicht denken, – [320] ein Sein, dessen ewige, unveränderliche Ordnung unseren Schritten nicht folgt, es birgt kein Fatum: weise jedoch, von Ewigkeit her sich selbst gleich, löst und verbindet es auf die gleiche Weise die erschaffenen Dinge. Ein Sein, das du bewundern kannst, aber nicht definieren. [325] Ein Sein, das weder durch Lippenbekenntnisse noch durch einen Kult verehrt wird, ein Sein, das nie lügt, – ohne die Laster der Welt. Seinen Willen befielt der allgemeine Verstand, befielt die Natur selbst, aber keine Verordnung, kein positives Gesetz des Tyrannen tut dies – und so wird es immerdar sein in alle Ewigkeit. [330] ***
Jetzt aber: was sind die Adligen, die Höflinge und mächtigen Könige? Sie haben weder einen besseren Geist noch einen besseren Körper als du; und wenn du eine demütige, jene aber eine mutigere Gesinnung haben, dann hat nicht ihr adliges Blut sie tapfer gemacht: nein, ihr Recht zu befehlen und deine alberne Hörigkeit war’s. [335] Sieh, das adlige Blut soll besser und reiner sein als das der Plebejer, auch wenn der Prozeß, der den Adel verliehen, seinen Ausgang nahm aus gemeinem Blut und gar nichts hinzugab. Denn sag, kannst du da etwas sehen?! Was bringen die trefflichen Herren zu Wege, in welcher Tugend denn glänzen sie? [340] Nimm das Gold weg, nimm ihnen die Edelsteine, nimm alles weg, was du selbst gemacht hast; gar nichts sind sie dann noch: den derart Entkleideten bleibt nichts, nur leere Gesten, ein erdichtetes Wort und die Ethik des Toren. Gibt es einen größeren Lügner als diese, einen größeren Räuber? Gibt es einen, der den Frieden mehr stört, die Verträge häufiger bricht? [345] ***
Kein Plebejer, kein einziger, er sei denn zufällig ein Pfaffe. Der Plebejer hingegen strebt und schafft, er schützt, er nährt, er kleidet und liebt die Tyrannen. Nützlich also ist dieses Blut anscheinend, wofern nur nicht von Adel. Oder sollt’ etwa der, der an Hohlheit hängt, diese Bezeichnung der Nützlichkeit eher verdienen, [350] dieweil er faul dem Bauche, der Kehle, dem Theater und dem Spiel sein Leben, seinen Verstand ganz und gar widmet, oder unter die kaum verstandenen Zeilen mit zitterndem Griffel seinen unproduktiven und nicht zu entziffernden Namen hinkritzelt? Die achtenswerten Taten, die einige wenige tun, [355] erachte ich gerechterweise nichtsdestoweniger als sehr lobenswert; gleichwohl gibt es hier keine Taten, denen plebeische Taten nicht gleich wären. Also sehe ich nichts durch den Stammbaum hinzukommen, und doch gilt nichts als so bedeutend: Der König ist größer als das Volk! Da ist wohl der Zweig größer als der Baum? [360] Ein König kann ohne sein Volk nicht sein, aber ein Volk ohne König, und dazu ist es auch in der Lage. Was ist das für eine gigantische Dummheit! Wen nährst du da eigentlich, wen verehrst du, überziehst du mit eitlem Gold! Sag doch, was gibt er dir eigentlich, – gibt er denn außer Erzschlechtem wirklich noch etwas zurück? Für das Deine sorgst du selbst, und du bewahrst es auch selbst, [365] und verloren geht’s dir, wenn Könige die Sorge für dich übernehmen, vermittels deiner sorgen sie sich nämlich nur um ihr Eigenes, aber nicht um das Deine. Du spielst Soldat, du opferst das Deine zum Wohl und zum Ruhme des Königs; du nämlich in deiner Armut würdest lachen angesichts eines Räubers. Ein König ist nichts als ein unersättliches Monstrum; [370] zu dumm bis in alle Ewigkeit zwar, um weise sich selbst zu beherrschen, unternimmt er es dennoch frech, nunmehr zahllose Menschen zu lenken. Und wer sind die Höflinge, deren Ratschläge er pflückt? Männer, die außer ihren Amtstiteln, ihren schmucken Gewändern, ihren gezirkelten Gesten und Übungen, dumm wie sie sind, [375] nichts richtig kennen, die nur ihrer Faulheit obliegen und – der Jagd nach dem Reichtum, wobei sie uns zwar nur ausrauben, aber dabei tönen, sie führten die beschwerlichen Staatsgeschäfte. Nichts nehmen sie wahr in seinem Geschehen, sie lernen die Lügen der Schule; doch kaum, daß sie sie begreifen, da bleibt ihre Weisheit schon stecken. [380] Von ihren eigenen Dingen verstehen sie nichts; Diener versehen darum ihr Hauswesen. Aber die staatlichen Dinge traktieren sie, und zwar weil sie davon überhaupt nichts verstehen. Sie selbst schaffen nichts und haben dazu auch gar nicht die Kraft; und dennoch stehen sie ratend zur Seite (wird doch jetzt nur geforscht und beraten, wo es noch was zu rauben gibt, oder in welch neuem [385] Schmuck die Hoffart zu glänzen vermöchte, oder welches benachbarte Volk man durch Betrug noch verhöhnen könne) so raten und krächzen sie ihre Worte aus raubgierigem Schlund. Drauf schreiten sie aufgeblasen einher und halten sich in ihrem wölfischen Sinn für die Herren der Welt, – weil sie fressen ohne zu schaffen. [390] O Schande, diese Furien, stumpfsinniger noch als ein Ungetüm, werden von den Menschen nicht nur ertragen, sondern auch noch verehrt! O verblendete Brüder, die ihr das nicht erkennt! Wo ist euer Verstand? Warum ließet ihr euch belehren, das Falsche zu wahren und macht euch selbst so zu Sklaven, wo ihr doch Brüder sein könnt! [395] ***
Was bedeuten Tugenden, die nicht ohne Laster glänzen? Gesetzlich verordnet sind die Verhaltensweisen, die du dir auflädst als Kind schon unter Ermahnungen und Schlägen, – gegen deinen noch unerfahrenen Verstand. Und während du glaubst, mit ihrer Hilfe den gesunden Verstand und den Reiz der Natur geistigzu beherrschen, und nachdem du belehrt worden bist, die Gefahren zu meiden, [400] machst du dich zu einem vorsichtigen Mann, aber nicht zu einem besseren. Zu einem vollkommenen Menschen machen dich weder Tugend noch Dogmen. Aber für den Fall, daß du gelehrig bist, (oh, stell dich blöde wie ein Dummkopf!) bist du nützlich für das Gesetz, das die Rechte der Reichen beschützt, und darum erklärt man dich dann als gut und schmückt dich mit Würde. [405] Sag, ist etwa ein schimmernder Diamant vollkommener als ein roher? Und ein ungezähmtes Stück Vieh, steht es zurück hinter einem Ochsen, angeschirrt nach den Regeln der Kunst? Und unter der Kandare das Pferd, – ist es vollkommener als das, das die Fluren stampft? So sind sie gut für dich, für sie selbst aber ist das ein Nachteil.Die Tugend aber – was noch schlimmer ist – wird zum Feinde der Tugend. [410] Die allbeherrschende Mutter der Tugenden ist bekanntermaßen die Klugheit, und diese Klugheit, was ist sie anders als das Grab des aufrechten Sinnes. So sehr verkümmern sie in ihrer Tugend, so sehr ist die Tugend veränderbar aus sich selbst. Der Kluge wird verschlagen, so wie der Sparsame geizig, der Strenge wird grausam, der Behutsame wird zum Zweifler, [415] er leidet unter seiner Gewohnheit, sich stets als ein guter Mensch zu zeigen. Und so ist es auch mit dem Übrigen, denn die Tugend ist nur eine Fiktion. Und was den Ehrgeiz angeht, so ist er nie von edler Art, sondern immer nur ungerecht. Es ist eine schändliche Räuberei, vom Schweiße des Bruders zu leben. ***
Was ist das nun für ein Antrieb, den das Dogma unterjochen will? [420] Er ist die Kraft, die die heilige Natur von der Gottheit erfährt. Dieser Antrieb, in dieser Weise verliehen, wird allein dich führen können. Angenommen, er hat dich nicht immer zum Besten geführt, war dann das Dogma etwa ein besserer Führer? Geh seine Gebote durch! Jetzt gebietet das Dogma dir, den Bruder zum Sklaven zu machen, [425] und jetzt will es, daß die Liebe eine Gemeinschaft stiftet. Ach, was für eine Liebe ist das zwischen dem geschundenen Sklaven – und seinem Herrn! Ist in diesem Text gar kein Widerspruch? Noch schlimmer als Mist ist dieser Kot, den die Unrechtgesetzgeber der Masse andrehn. [430] Antrieb und Dogmen führen dich folgendermaßen: während du als dein Eigentum ansiehst alles, was als Gemeingut verliehen, gehört zum Reichen der arme Sklave, weil er doch leben muß, und – weil das Gesetz etwas vergibt, was dem Gesetz nicht zu eigen. Mit einem Wort, der Antrieb des Menschen würde ihm raten, zu enteignen [435] die Mächtigen, eher als ihre Peitschen zu küssen; und deshalb lähmt ihr den Antrieb, (ihr Reichen, die ihr gräßlicher als Krokodile seid, ihr Adligen, Höflinge und dräuenden Könige!) durch ein Dogma lähmt ihr den Antrieb, aber nicht euern eigenen, dem die Tür zum Verbrechen weit offensteht, sondern den Antrieb dessen, der euch ernährt, damit euch die gerechte Rache nicht trifft, [440] damit eure Laster nicht offen daliegen. So ist es! Ihr Betrüger! Verfluchte Brut des Verbrechens! Schmutzige Geißel der Menschheit, gemeinste Ungeheuer der Natur. Ihr – mit euerm Recht, ihr seid die Ursache aller Übel, nicht aber der ursprüngliche Antrieb des Menschen, nicht das heilige Wollen der Natur. [445] ***
Jedes Sein ist vollkommen, jedoch gemäß seiner speziellen Natur. Warum vereinigst du dich mit dem, das dir fremd ist, und strebst also zum Verbotenen, stürmst zum Altare des Reichtums? Gesetzt den Fall, du würdest die Wahrheit erkennen, – hätte man nicht mit Gewalt dich das Falsche gelehrt, dann hätte längst schon ohne ein Buch die Natur dich belehrt. [450] Sieh, du bebaust die Felder, die Gärten, und du weidest das Vieh: So ernährst du sie alle. Keine Schule hat dich dies Wissen gelehrt. Bevor man die Bücher kannte, hast du Metalle aus den Bergen geschürft, und Schmiede siehst du, die ohne zu lesen das Eisen schlagen. Sieh, nicht die Gelehrten brechen Steine und machen sie fertig zum Bau unsrer Mauern: [455] dies lehrt dich und deine Brüder allein die Natur – durch immer wiederholte Erfahrung. Die Gestalt der Dinge belehrt uns, ein Schatten ist nur die Ideengestalt. Würdest du etwa nach einem Schatten greifen, auch wenn das Ergriffene nichts nützte? Diejenigen hälst du für gelehrt, die nur Schemen hervorbringen, [460] an notwendigen und wahrscheinlichen Schlüssen herumbosseln. Dich selbst hälst du für unwissend, obschon du der Wahrheit folgst, und so etwas schaffst und nicht den Schmutz der Schulen in deinem Geist aufhäufst. Seele, Verstand, Geist – sie selbst sind nur leere Worte; und wenn man behauptet, sie seien etwas, dann nur das, was die Natur auch schon von selbst ist. [465] Sie haben es nicht fertiggebracht, diese leeren Worte zu einem sinnvollen Ende zu bringen. Und sie wissen auch nicht, was sie wirklich sind, und faseln herum, sie besser zu machen. Ihr, die ihr sogar die Natur selbst euren Schulen unterwerft, übertrifft eure Weisheit die Weisheit des Gottes, ihr Toren? So albern wie ihr sind nicht alle übrigen Esel zusammen! [470] Eure Torheiten und die verdammten Rechte des Blutes und des Herdes, Rechte, die der Natur widerstreiten, schafft sie hinweg! Und es wird der vollkommene Mensch, würdig seines erhabenen Schöpfers, glückliche Jahre verleben, ohne daß ihn eine Kunstfertigkeit führte. Solange es die kultische Verehrung gibt, sind auch alle Götter nur Götzen. [475] Solange es jene Gesetze gibt, die die Rechte der Brüder zerreißen, gibt es das Recht nur des Unrechts‚ weil die Gesetze Verbrechen befehlen. Was bisher als Gesetz auftrat, schützte immer – zur Freude der Reichen – die ungerechten, räuberischen Rechte der Herrschaft; für die Elenden aber lebt nie ein Gesetz, immer nur [480] schwitzen und schaffen sie für ihren Herrn Pomp und Haufen von Schätzen. Der Elende selbst aber wohnt in schmutzigem Haus unterm Strohdach, sein Essen, womit er seinen geschundenen Leib erquickt, sind übelschmeckendes Brot und trocknes Gemüse. So kann er sich kaum ernähren, und, mit einem Fetzen kaum die Blöße bedeckt, [485] verbringt er sein Jammerleben, ohne sich jemals zu freuen. Diese grausamen Gesetze begünstigen und schützen den Raub, weil diejenigen, die sie erlassen, so oder so die Mächtigen sind. Wenn aber das menschliche Leben das Leben des Bauern ist, warum lebt dann nicht jeder von uns wie ein Bauer? [490] Und wenn das Zeitalter vor uns all dies dem Geiste des Menschen gebracht hat, dann soll aber unsere Zeit diese blutigen Rechte der Mächtigen nicht mehr ertragen. ***
Nun aber weg von uns, ihr Titel, weg mit den Lügen der Schulen! Und eine gemeinsame Anstrengung verjage schnell die schlaffe Muße der Mächtigen und ihren Hochmut und ihren übermütigen Pomp. [495] Dann wird die Gesamtheit wie mit einer gemeinsamen Hand die unermeßlichen Schätze der Welt in gemeinsamen Speichern sammeln, um sie, frei von Mißtrauen, froh und gesichert zu genießen. Freundliche junge Männer und reizende Mädchen werden dann heiter und froh und nicht unter dem Zwang von Gewalt, [500] nicht unter der Peitsche, ihre kräftigen Glieder in verschiedenen Arbeiten regen. Dann wird es nur noch einen Ernährer geben und zwar das allen gemeinsame Land; und da wird ein jeder mit gleichem Eifer und einträchtig arbeiten. Der Ertrag wird gemeinsam sein und auch für alle gleicherweise verfügbar. Dann wird der Schuster dem Arzt und der Bauer dem Krieger [505] gleich sein, und beide werden das Gleiche erhalten. Dann wird die Kunst dem Menschen, aber nicht mehr der Mensch einer Kunst unterworfen sein; vielmehr werden alle sich selbst im Interesse aller mit ihren Künsten zu Dienst sein; und die erfahrenen Alten werden dann an der Spitze stehn – und nur als Berater. Hier regiert dann der Menschenverstand, das befiehlt die heilige Natur, [510] das befiehlt das Königtum Christi. So wird die Unschuld wieder einkehren, und sie wird die rasenden Verbrechen versenken im Rachen der Macht. ***
Beschleunigt den Tag, Könige und Adlige, und ihr sollt glückselig sein! Was soll euch eure langweilige Muße, wem dient euer Ruhm? Was sollen die Titel, was euer Reichtum? Es sind Geschenke der Unterwelt. [515] Schämt ihr euch etwa Menschen zu sein? So scheint es. Herrschen könnt ihr nicht, denn es herrscht allein die Natur. Machen doch die Belohnungen (aber das begreift ihr nicht) die Menschen käuflich, die Strafen aber machen gemein die Menschen, die ihr regieren wollt. Gebt euch uns zurück! In eurer Torheit erhöht ihr Herzen, die voll sind von Bösem, [520] und euer Hochmut unterdrückt den Menschenverstand, euer Hochmut, diese verfluchte, von Untaten schwarze Kloake. Gebt euch uns zurück! Es trennt uns doch nur ein falscher Schein, und wesensfremder Glanz und die verfluchte Chimäre der Titel. Gebt euch uns zurück! Freut euch heiter mit uns, [525] kein Haß und auch keine Rache sind in unserem Blut. Die zahllosen Titel, die schamlosen Unterschiede, schafft sie hinweg, schafft weg die blutigen Rechte der Sklaverei! Wenn es euch möglich war, trotz solch gewaltiger, wesenloser Chimären zu bestehen und das nur mit Lügen, warum denn wäre euch nicht [530] ein argloser Stand im Kreise der Brüder möglich?! ***
Und ihr, Brüder, zitternd unter einem altertümlichen Blitz, bevor ihr eurer Recht mit Waffengewalt beansprucht, lernt euch erkennen und nur das Wahre verehren. Wird einst erkannt sein, was ist und das, wovon man fälschlich das Sein behauptet, [535] dann wird der Menschenverstand endlich frei sein, und, belehrt die Lügen zu verachten, wird er sich dem Verstand des Bruders verbinden und dabei verbleiben. Verwerfen wird er die Titel, dies Schmutzgeschenk der Tyrannen, verwerfen wird er den verfluchten Hunger nach Geld, den gemeinen Ursprung des Profits, dem der feile Antrieb, das schändliche Geschäft entspringt. [540] Dann eint uns alle dasselbe Geschick, dieselbe Gesinnung, und ohne König, ohne Laster werden die Völker gesichert bestehn.
Religio, leges, judices, stant praemia, poenae, Increscitque malum; quis ergo est criminis ortus? Hoc dum contemplor, horror mea viscera vertit; Mens interdicta est, luctus cor afficit omne, Et ruit in genas ex presso lachrima corde. [5] Quid faciam? num vera loqui, num sacra tueri Iura licet nostra et vitam monstrare beatam? Heus quid non liceat! quid te mens anxia premit! ***
Felix esset homo, veritas si regeret illum; Infelix ideo est, quia coecus ducere coecum [10] Nescit; quin gradiens tandem ruit unus et alter. O patres! avi! communia distribuentes! Inspexissetis, quo distributio tendit; Sano consilio mens recta haec jura vetasset Improba, queis homines scelera in tam saeva trahuntur; [15] Dum jussu legum possessa injuste tuentur. Homo non servus, dominus nec nascitur ullus, Sed similis prorsus per sensum nascitur infans. Legislatores! rectores societatum! Vestrane sunt homines, num non sunt opera Dei? [20] An gladius gladios, ollas distingueret olla? Quantum proprietas, stat fomes prima malorum. Crimen in hac sedet. Nam quidne invidia clamat? Clamat ad aequalem sensus praetendere fructum. Unus enim sensus dumque est mens una fruendi, [25] Media dum desunt, fervens invidia surgit. Hanc reputas crimen, hanc propter sacra natura Sit genitrix sceleris, quia crimen ab inde deducis? Ergo natura mala est, dum sancta haec jura reclamat, Quae sibi deberi sentit sentietque per aevum? [30] Sit homo, quod non est, malus et sit criminis haeres, Corriget alter, eo qui non est melior, illum? Da, quod non habes. Pudor! haec sapientia legum! O sanctum numen! quid tu nisi bona creasses! Quis mala, quae patimur, tua sancta ex lege deducet. [35] Aeternas leges per cuncta pericula vitae sectamur fidi; non terrent furca nec orcus. Non veniunt virtus nobis nec climate crimen. En nunc Germanos: tantum transformes ab istis, Qui non mentiri nec fidem frangere norunt; [40] Quos frons non clausus, mos simplex noscere dedit. Idem clima tamen, quod tunc fuit, influit actu. Vel Portugallos, non pridem laboriosos: Nunc segnes, pigros, nunc proceris instar inertes. Hanc metamorphosim fecit aurum. Clima primaevum est. [45] Necque malum generat discrimen temperamenti. Quot non jam prodigos steriles cumulasse thesauros Considerare licet vel vice versa fecisse? Ad pugnam pavidus discit per proelia mortem Temnere, quin quidquam subvertat temperamentum. [50] Verte oculum quo vis, non crimen sancta natura, Sed sua sectatur: quae codex quin prohiberet Vel mores sueti, nulla et transgressio foret. Sola natura docet; mendax absque hac duce quivis. Sola natura docet; huic aptas societates [55] Condite; fundatae pacem, non crimina colent. Sed nostras stultas, cum non sint juxta naturam, Non possunt homines poterunt nec vivere normas. Nullus adhuc fuerat, qui, quid quantumque fecisset, Implesset penitus sancitas codice leges. [60] O sordes mentis! hic crimen sedet in aris. Infames leges audent quae nostra vetare, Quae nos disjungunt stupido discrimine thori, Quae fructus terrae largissima dona naturae Matris communis; proh nefas crimen et horror! [65] Colere dant aliis aliisque in guttura fundunt. ***
Cui profuit leges poenis fulcire cruentis? Vis per multiplices induxit crimina portas. Consul hic et ephorus ibi, rex alibi leges Expedire ratas, fundet quae possidet actu, [70] Iam totis viribus studuit munire prolatas. Mox furcae, fustes, torturae infame flagellum, Sunt ausi cogere tum vi, tum fraude subactas Gentes in ingratos, duros sterilesque labores, Anxia verberibus renitentia mittere membra. [75] Non satis. Expediit praescribere, quid cogitare Fas sit, quid non sit: steterantque axiomata falsi. Nam, quamvis noscas quatuor bis facere bina; Sensus contrarius quaedam si commoda daret; Qua haereticum certe hoc ipsum usque axioma potentes [80] Credere non darent, tegere vel fraudibus irent. En! sic aequalitas, quam probat tota natura, Quae regi nil dat, quod non quoque rusticus omnis Infans nascendo materna ex vulva relatum Possideat pariter, quin quid distinguere fas sit, [85] Sic quoque jus nostrum primum est commune fruendi, Verberibus, furcis, rogis, turpissima fraude Longe hinc est pulsum; quia sic fuit utile ratum Usurpatoribus, qui rapinam lege decorant. Sic crevit codex, turpi hac ab origine leges [90] Non nisi vi natae, nunc consuetudine gaudent. ***
Saepe quidem nisus jus primum restituendi Accendit spiritus et ad arma recurrere suasit: Et stetit in regem populus, pro rege satelles. Praemia tunc reges et privilegia prorsus [95] Non audita dabant, proceres nobilesque creantes. Non minora dedit populus ducesque creavit. Uni primorum milites, per horrida mortis Iussa quod implessent, testati sanguine fratrum Propria reddiderant haec privilegia sibi. [100] Haec exempla alii suadente prudentia secti: (Esset dum melius fratres ligare catenis, Quam proprios artus ferro subjicere sensum) Mentis majoris cultores haecce tulerunt Praemia, quae fratrem tribuunt subjicere fratri. [105] Tunc amor mutuus, tunc sacrosancta libertas, Cujus adhuc languens scintilla refulgere nisa est, Hic et ibi cecidit; dum falsum numen honoris Atque Mamon penitus nihilassent vincla fraterna. Quid juverat voluisse statum reprendere primum [110] Quidque resistendi violenta atque alma cupido? Duris jam vinclis duriora ut vincla darentur, Castella inhabitent reges multusque satelles Atria circumdet: vi tandem jungere fraudem Suaserat, ut firmis instet violentia fulcris. [115] ***
Horrida post facta haec quem diceres esse felicem? Non candor, pax nulla datur nullusque beatus Est, ubi non veritas, ubi non dux alma natura. En hos, qui gaudent: horum num vita beata est? Nil minus. Exoptant: et flagrans coeca cupido [120] Inquietat sensum crucians angensque novando. Homo semper idem es, quidcunque tu vestibus addas, Vel quascunque domos habites, non alius eris. Nec decorare juvat nomen, nec gerere sceptra. Heus quid sunt nugae, quas tanto colimus aestu? [125] Pompa quid est regum, quidne omnis gloria mundi? Aurum, quod fundis, varias cui scis dare formas, Cujus tu pretium limitasti, rex tuus est nunc. Non domino vestes paras, non regibus adstas, Ast auro, quod nihil sine te quam sterile pondus. [130] Ergo valor auri, cujus est homo ipse creator, Nunc hominem regit! quomodo haec maledicta chimera, Cui sensus nullus, tantum persistere tempus, Regere subjectos, dominantes regere reges Et bellatores certae subjicere morti [135] Unquam potuisset, proprium quin colere spectrum Nostrum esset studium, quin coecum duceret alter? Sic en! sic duceris non re, sed opinione. Fingis, quae nescis, tua quae sunt spernere doctus, Umbris, quas sequeris captatis, non satiaris. [140] Cur? quia nec stomachus satiatur imagine cibi. Capita quot, totidem gustus, quia quaevis imago Nil est, et visae mentitas unus ideas Mente refert gratas, ingratas alter ejusdem. Simplex est veritas, simplex veritatis idea. [145] Agnita non gustum, sed sensum prorsus eundem Procreat, atque homines scopum ducit omnes ad unum. Sed quoties sensu vacuis intendimus umbris, Varicolor, mendax non entis imago resultat; Sicque natura carens trahit in contraria gustum. [150] Nam gustus stabilis foret, si fictio nulla; Quaelibet et res si propria sub luce pareret. Sed dum modificas, tendis superaddere rebus, Quae non his insunt, atque entia pangere falsa. Convenire tibi reputans nunc curris in illa, [155] Et nihil esse vides, quamprimum quaeris in usum Vertere. Tunc vacuum te sentis et aliud icon Sectus, idem vacuum novo refers ab icone. Frustra ergo fingis, pangis cumulasque chimeras, Quas fructus nullos hucusque producere sensum est: [160] Quam mala, quae generat toties illusa cupido. ***
Infelix animal! tot adhuc post saecula coecum! Cur sensum fictum, non quem dat sancta natura, Stulte sectaris? num semper sic manuductum De falso in falsum ruere et te spernere sors est? [165] Quid sors, quid fatum, quando ordo et numen ab aevo est? Vel sors, vel numen, duo non stant numina simul. Quaenam fila rerum potuerunt nectere vices Has, quas subimus? quae nos sub nomine sortis Nunc sensu scindunt, sensu junguntque vicissim? [170] ***
Quamdiu communes fructus mortales habebant, Nil prohibere fuit, nec erat fruitio crimen. Candida lingua fuit, non carcer, nulla majestas. Non fuit imperium, non submissionis imago. Nemo praevaluit, non fuit distinctio thori; [175] Laesio nulla fuit nulla et discordia nota. Caeres sponte virens, herbaeque florentes in escam Non hominis, nam non fuit ars, sed pecoris ibant. Tunc homines contra ramorum fructus edebant, Vel quae terra dedit commestibilia cruda, [180] Et carnes laceras imitati exempla luporum. Stetit adhuc pietas et adhuc nulla mala fuere, Steterat aequalitas, prima innocentia stetit. Sed lusus manuum stupefactas duxit ad artes, Ens enti applicuit, sine cur, inventio stetit. [185] Sic ut lusus eam, sic admiratio brevi Hunc cultum genuit, qui docentis colere nutus Incipiens, tandem praeceptis flectere sensum Suadet et imperium est, matre ignorantia natum, Nam quod nescimus stupefacti colimus omnes; [190] Quae primum scimus, sint quantum utilia cunque, Postponimus novis, sic ignorantia ducti Hoc hodie et fieri videmus et utiles artes Substant nugosis latioraque commoda praebent. Hae quamvis steriles, quamvis sint prorsus inanes. [195] Crispator, pictor, sculptor, saltator inanes, Saltem non artes, sine queis non vivere possis, Exercent; referunt titulos vitamque ridentem. Rusticus e contra, sine quo non viveret unus, Duram agit vitam contemptus sic vilipensus, [200] Ut medius brutum atque homines inter reputetur. An mirum, ignaros penitus tunc homines istos Artes non tantum, sed et hunc, qui tradidit artem, Non coluisse solum, sed deificasse miratum; Et sic praelato nondum perspecta dedisse [205] Iura, quibus gratos se monstrent, primaque jura, Quae sensus faciles noviter non afficiebant, Quae quoque vix noverant, radicitus annihilasse? Tunc potuit, quia solus egit docuitque laborans, Sibi fecisse reri. Sed nunc, dum quislibet artem [210] Exercet quandam (nobili quin stemmate natus Vel habeat reditus fixos ab usura parentum) Artes nunc utiles non est distinguere justum; Atque artes prorsus stultum est pretiare nugosas. Iam sicut ars hujus est, qui tentans invenit artem, [215] Sic fuerant taliter prodeuntia propria rata. Hinc primus proprii sensus, hinc caetera quaeque. Hinc haec auctoritas tantum jactata parentum, Ius geniti primi coecum, jus flebile virgae. Iura haec stulta magis haereditaria thori. [220] Hinc sors, quae separans fraternam societatem, In tot familias segregatas nomine patrum, Implevit latos Pandorae pixidis arcus Criminibus, quae nunc totum profusa per orbem Exstirpare nec est, quantum stat fomes eorum. [225] ***
Hasne ivere vias homines malitia ducti? An visa est his in maledicta nocendi voluntas? Inscii, quid faciant, sic fundamenta malorum Posuerant, ex queis nunc crimina surgere vides. Gentes sic ortae distinctas sicce colentes [230] Artes, queis solum dederat natale studere; Hoc genus una vitae, distinctum ast altera secta. Est etiam mores taliter inducta diversos luxta genus vitae norman sumpsitque moralem. Gens, quae silvestri studuit vitae atque sagittae, [235] Errans accrevit sera et domicilia fixit. Non timuit tenebras, non frigus neque calores, Corpore sed fortis tauros ipsosque leones Aggressa est animoso animo vicitque minaces. Nam nuda vel partim modo tecta exponere membra [240] Unguibus et morsui, morti ipsi et temperiei Est assueta suis incumbens sftenua curis. Altera, dum campos et agrestes coleret artes, Mollia dulcioris consueverat otia vitae; Artibus inventis tentans adjungere novas. [245] Hic artes sedulas, ibi fortia colere facta Mortales ducti; vires et noscere mentem Cum sensu proprii, sine vi sine fraude nequibant. ***
His visis: medium nectendi jura diversa Arcendique malum tentarunt excogitare. [250] Semper inane fuit studium hoc nihilque juvabat. Lex homines strinxit, vicerat sed humana natura Citius aut serius leges, quin sese mutasset. Leges dictando, quae pugnant contra naturam, Legibus aeternis nitimur resistere dei. [255] Hic merito nisus nihil in et inutilis abit, Scissos jure thori vel possessionis iniquo Tutos si posses per leges reddere frates; Facilius fluvios undis siccares et aequor. Politicae nostrae sunt aedes stantes arenis. [260] Nil juvat ignaram tenebris submergere mentem; Pernatat tenebras et tandem lucis ad ortum Perveniens cultas adoratas respuit umbras. Anne homines semper colent insania mentis Excrementa nemone sua plus luce ducetur? [265] Hoc diu sic steterat fors et sic staret adhucdum. Ast a quo regnant regumque insignia gestant Doctores coeli, splendentes fulgure gemmae; A quo regnantes docuerunt spernere jussa Rata Dei exemplo proprio, non justa tuentes, [270] Ab hoc mens hominis continua scandala spectans, Fidem decalogo et pandectis dare recusat. Heus quas stultitias contradictoria prorsus Tradunt, ut perstent fraudes violentaque jura. ***
Intumuere aliqui, dictantes jussa deorum [275] Hi mentem dei legesque a numine datas, Ut continerent vi pulsos in mala sensus, Atque darent miseris longinquum aliquale solamen, Ibant tradentes, sua numina cognominantes. Virtutesque dei non mensum posse divinum, [280] Iustitiam summam providereque perenne, Enumeraverunt; sortisque fecere magistrum Deum flexibilem precibus laude atque holocaustis. Nam nota dum fuerat mens atque potentia regum, His dum placerent fletus, submissio, laudes: [285] Omnipotens numen his prorsus simile censum est. Accessit vanitas regum, furor ira tiranni; Queis guoque criminibus numen decorare volebant. Et quia clementes quosdam fuit cernere reges, In proprium cessit Deo clementia summa. [290] Haec non digna Deo paruit doctrina salubris, Aequando fratres, quos mundus classificavit, Praeponens regi summum tribunale Deorum. Et spondens miseris aeternae gaudia vitae. Sic sicut optatum non est tibi tangere locum [295] Peregre gradienti, mendax dum semita dux est. Sic quoque doctrina haec fictis tantummodo fulcris Instans ut perstet fictis superaddere ficta, Non tantum suasum, sed et alta necessitas erat. Mox regum nugae et mentita miracula mundum [300] Implevere omnem tenuitque devotio locum Candoris. Statuae templum templique supellex Et fulgentes arae, sacrilega pompa deorum! Crimina purgabant eadem, quae praegenerabant. Spectra haec persistunt, quamvis mendacia nota [305] Plurima jam risum moveant, nec crederet ullus, Cui mens, cui ratio, cui tantum sensus humanus. Sed perstant tronos, quia credis, arasque tenere. ***
Haecce idea dei, quam tot gimnasia vendunt, Esset digna Deo, quem mens non concipit una? [310] An dum nos fecerat, nostra illi ignota fuissent Facta futura; queis (primum experientia doctus, Ut nos reducat, vel froenet velle superbum) Opponat leges, quas tandem corrigit ipse, Correctas porro jubet corrigere clerum; [315] Post leges datas antiqua ut crimina perstent: Hocce insufficiens stultumque hoc ens Deus esset? Non Deus est monarcha aliquis, sed est Deus ille: Autor naturae, non mensi conditor orbis, Ens hoc aeternum, quod nec fas est cogitare, [320] Ens, cujus aeternus, cujus immutabilis ordo Non passus nostros sequitur, non condere fatum Abit: sed sapiens, sibi constans semper ab aevo Uno eodemque modo solvit jungitque creata. Ens, quod mirari poteris, sed non definire. [325] Ens, quod non labiis, non cultu colitur ullo, Nulla cui vanitas, cui non sunt vitia mundi. Velle cujus sensus communis et ipsa natura, Non apparitio, non lex positiva tiranni Dictat; et aeternum semper dictabit in aevum. [330] ***
Nunc: quid sunt nobiles, proceres regesque potentes? Nil te meliores animi nec corporis usu; Et supplex tibi si, si mens audentior illis, Non sanguis nobilis est fortitudinis autor! Sed jus mandandi tuaque obedientia stulta. [335] En sanguis nobilis melior puriorque plebejo Dicitur, etsi actus, dederat qui nobilitatem, Sanguine communi sit ortus et additamentum Nil prorsus tribuat. Nam dic, quid cernere possis! Quid faciunt boni, quanam virtute refulgent? [340] Tolle aurum, gemmas, tolle haec, quae tu ipse parasti; Nihil erunt penitus: exutis nil remanebit, Gesticulatio quin, vox ficta atque ethica stulti. His quis plus mendax et quis rapacior illis? Quis his plus pacem turbat, plus foedera frangit? [345] Plebejus nullus, nullus quin forte sacerdos. Plebejus contra studium sectatur et artes, Protegit et nutrit, vestit diligitque tirannos. Utilis hic sanguis, nobilis sin esse videtur: An potius nugis haerens hoc nomine dignus [350] Esset, dum segnis ventri, gulae atque theatris Et lusui vitam sensumque dat unice totum, Vel dum sub lineas vix notas sterile nomen Incerto calamo nec distinguibile sulcat? Quae pauci faciunt, aestimabilia facta; [355] Iusta non minus reputo dignissima laude: Facta tamen non sunt, queis non aequalia starent Facta plebejorum: non ergo quid addere stemma Video, sed nihil est, quod tantum dicitur esse: Rex major populo! numne est ramus arbore major? [360] Rex, quin sit populus, non stat, sed gens sine rege Stat et stare potest. Quanta haec insania mentis! Quem nutris, colis auroque obducis inani! Dic, quidne ille tibi, num quid nisi pessima reddit? Quae tua sunt tibi ipse curas atque ipse tueris, [365] Et perdis, quoties tui curam gerere reges Suscipiunt, per te nam propria, non tua curant. Tu militas, tua das pro bono et gloria regis, Nam tua paupertas coram latrone rideret. Rex aliud non est quam non satiabile monstrum, [370] Ignarus semper, prudenter regere semet, Millia nunc homnium dirigere suscipit audax. Et qui sunt proceres, quorum consilia carpit? Viri, qui praeter titulos vestiumque decorem, Compostos gestus atque exercitia stulti [375] Nil noscunt penitus, qul tantum segnitiei Incumbunt, studioque ditis, qui nos spoliantes Se rem communem molestam gerere jactant. Nil vident fieri, discunt mendacia scholae, Quae vix concipiunt, et jam sapientia sistit. [380] Propria non noscunt, famuli domestica curant: Publica sed tractant, minime quia publica noscunt. Ipsi nil faciunt nec quidquam facere possunt, Consiliis tamen (quia tunc est quaestio solum Et sermo tantum, quid adhuc restet spoliandum, [385] Quove decore queat splendere superbia novo, Vel qua collimes populus sit fraude ludendus) Adsistunt ululantque voces ex fauce rapaci. Dein tumidi incedunt, credentes mente lupina Se dominos terra, quia vorant absque labore. [390] Proh pudor! has furias plus brutas bellua quam sit, Non tantum tolerant homines, sed adhuc venerantur! O coeci fratres, qui rem non cernitis istam! Quid vobis ratio? qui docti falsa tueri Vos servos facitis, dum fratres esse potestis! [395] ***
Quid sunt virtutes, quae non sine crimine fulgent? Legales habitus, monitis vel verbere pulsus Quos contra sensus non notos contrahis infans. Per quos, dum sensus instigantemque naturam Regere mente putas, doctus vitare pericla [400] Te circumspectum reddis, sed non meliorem. Non te perfectum virtus nec dogmata reddunt. Sed, quia si docilis (sis hebetis instar ineptus) Utilis es legi, divitum quae jura tuetur, Te bonum reputant et dignitate decorant. [405] Dic adamas splendens crudo perfectior an sit? Corniger indomitus bubus an cedat arte ligatis? An froenatus equus perfectior arva terente? Sic tibi conveniunt, sibi sed sunt deteriores. Virtuti, quod pejus adhuc, stat obvia virtus. [410] Prima mater rectrix nota est prudentia virtus, Atque haec, quidne aliud tumulus quam sinceritatis. Quantum degenerant, quantum variabilis ex se. Prudens astutus, sic et fit parcus avarus, Severus ferox, cautus dubiosus abibit, [415] Indolet assuetus se bonum ostendere semper. Et sic de reliquis, quia tantum est fictio virtus. Ambitio nulla nobilis, sed quaevis iniqua. Turpe latrocinium est fraterno vesci sudore. ***
Quid porro stimulus, quem vult subigere dogma? [420] Est vis, quam refert a numine sancta natura. Hic taliter datus poterit te ducere solus. Si stimulus tibi dux semper non optimus erat, An dogma melior fuerat? praecepta revolve! Praecipit hic dogma tibi servum reddere fratrem, [425] Hic vult, ut charitas connectat societatem. Heus qualis charitas servum inter verbere tusum, Et dominum! non textibus his contrarius inest Sensus? deterior adhuc est haec stercore merda, Quam vendunt turbae legislatrices iniquae. [430] Sic duceris stimulo, sic te quoque dogmata ducunt; Propria dum reputas, quae sunt communia data: Est divitis servus pauper, quia vivere debet, Et quia lex tribuit, quae non sunt propria legi. Omnino stimulus depossidere potentes [435] Suaderet potius quam oscula dare flagellis; Atque ideo stimulum (crocodilis atrociores Vos divites, nobiles, proceres regesques minaces!) Dogmate non vestrum, sceleris cui janua patet, Sed vos nutrientis constringitis; ultio justa [440] Ne vos attingat, pateant ne crimina vestra. Ita! deceptores! sceleris maledicta propago! Foetida fax hominum, turpissima monstra naturae. Vos! et jus vestrum cunctorum causa malorum Estis, non stimulus, non sanctum velle naturae. [445] ***
Omne ens perfectum est, propriam sed juxta naturam. Quare tibi injungens, quae sunt impropria tibi, Niteris in vetitum currisque Plutonis ad aram. Ut verum noscas, sin falsum vi didicisses, Ipsa natura pridem sine libro te docuisset. [450] En! colis campos, hortos et pecora pascis: His omnes nutris. Non scholae hoc scire dedere. Ante usum libri traxisti ex monte metalla, Et fabros vides, quin legant, cudere ferrum. En! non Doctores frangunt aptosque struendos [455] Ad muros reddunt lapides: haec sola natura Te fratesque docet frequentius experiendo. Rerum fila docent, umbrae sunt fila idearum. Umbram num caperes, dum nil quoque capta juvaret? Hos doctos reputas, qui nil quam spectra producunt, [460] Qui syllogiscant atque enthimemata cudunt. Ignorare credis temet, qui vera secutus, Agis, non sordes scholarum mente recondis. Mens, animus, spiritus, non sunt, nisi vacua verba, Haec si quid esse dicunt, nisi quod sit et ipsa natura. [465] Haec non fecerunt, qualiter perficere possent. Ignorant, quid sint, et meliorare delirant. Vos! qui subjicitis scholis ipsam usque naturam, Vestrane praeibit Deo sapientia, stulti? Tam stupidus non est cunctorum grex asinorum! [470] Vestras stultitias maledictaque tollite jura Sanguinis et foci, quae pugnant contra naturam, Et perfectus homo, supremo opifice dignus Annos felices vivet, quin arte ducatur. Quamdiu stat cultus, sunt idola numina cuncta. [475] Quamdiu stant leges scindentes jura fraterna, Stat jus non justi, quia dictant crimina leges. Hucdum quae steterant leges, tuebantur iniqua, Queis gaudent divites, spoliantia jura jubendi; Pro misero lex nulla viget semperque sudando [480] Acquirit domino pompam cumulumque thesauri. Ipse domos habitat luteas et stramine tectas; Escula, queis reficit concussos corporis artus, Insipidus panis sunt atque legumina sicca. Sic vix nutritus, lacero vix tectus amictu [485] Pervegetat flebilem vitam, quin gaudeat unquam. Hae saevae leges protegunt foventque rapinas, Has quia qui dictant, sunt sic aliterve potentes. Si vita est hominis vita haec, quam rusticus agit, Cur quilibet nostrum vitam non agit eandem? [490] Si tulit haec animis, quae nos praecesserat aetas, Haec non ista ferat sanguinea jura potentum. ***
Tunc procul hinc! tituli, procul hinc mendacia scholae, Communisque labor facilis languentia pellat Otia magnatum, fastum pompamque superbam. [495] Tunc totum junctim veluti manus una per orbem Colliget immensos communia in horrea fructus, Queis absque insidiis laeti tutique fruamur. Tunc blandi juvenes exoptataeque puellae Hilares et laeti, non vi non verbere pulsi, [500] In varios robusta dabunt sua membra labores. Tunc parens unus campusque erit omnibus unus, Quisquis et aequaeli studio mente una laborans. Fructus erit pariter communis et omnibus idem. Tunc sutor medicum belliducemque colonus [505] Valebunt eodemque modo fruetur uterque. Ars tunc hominibus, homines non artibus erunt Subjecti, servientque sibi tunc omnibus omnes: Consiliis tantum praestante experta senectu. Hic hominis sensus, hoc dictat sancta natura, [510] Hoc regnum Christi. Sic innocentia redux Crimina submerget furibunda in fauce potentum. ***
Accelerate diem reges proceresque estote beati! Quid vobis languor otii, cui gloria bono? Quid tituli, quid divitiae? Sunt dona Plutonis. [515] Num vos esse pudet homines? Sic esse videtur. Regere nescitis, nam regit sola natura. Praemia venales, turpes supplicia reddunt (Quod vos non capitis) homines, quos regere vultis. Reddite vos nobis! elevat stultitia vestra [520] Corda imbuta malis, sensusque superbia mergit Innigra sceleris atque abominanda cloaca. Reddite vos nobis! separat nos nil nisi fucus, Splendor non proprius, tituli maledicta chimera. Reddite vos nobis! laeti gaudete nobiscum, [525] Non odium vindicta nec est in sanguine nostro. Innumeros titulos, infames tollite gradus Et servitutis sanguinea tollite jura. Si licuit vobis tantis sic stare chimeris, Quae non subsistunt, nisi per mendacia, cur non [530] Innocuus fratrum status possibilis esset. ***
Et vos antiquo tremuli sub fulmine fratres Priusquam jus vestrum vi reclametis et armis, Discite, qui sifis, venerari non nisi vera. Agnita dum stabunt, quae sunt, quae false dicuntur [535] Esse; demum liber et mendacia spernere doctus Sensus se fratri junget junctusque manebit. Rejiciet titulos, haec sordida dona tiranni, Sacratamque famen nummorum, infamia lucri Ova, vilem stimulum, turpem procreantia quaestum. [540] Tunc sors una nobis, tunc mens erit omnibus una, Et stabunt tutae sine rege et crimine gentes.
Übersetzung aus dem Lateinischen: Franzjosef Schuh
Dank sei Euch, Franzosen! Habt ihr doch die Worte Christi gegen die aufgebotenen Drohungen der törichten Tyrannen zu erfüllen gewagt. Ihr habt die Sonne und den Mond, den Papst und euern König ihres Strahlenkranzes beraubt. Ihr habt den gestirnten Himmel der sklavischen Diener, die Fürsten natürlich, die Höflinge und den Adel zu Fall gebracht. Ihr habt die Erhöhten erniedrigt, und durch die Erhöhung der Erniedrigten habt ihr das Königreich Christi, das seinen Worten gemäß in unserer Mitte ist, unter euch begründet. Erhoben habt ihr euch, und aufgestanden seid ihr gegen die Völker, die in dem wahnsinnigen Unterfangen, euch zu unterjochen, mit Feuer und Schwert eure Lande zerstörten. Zunichte hat eure Weisheit die Versuche jener gemacht, und eurer Mut hat die barbarische Verwegenheit der Tyrannen in den Staub getreten. Geifer war auf ihren hochmütigen Lippen, und mit der Stimme des Donnerers haben sie zu sprechen gewagt, aber euer unerschütterlicher Sinn hat ihre Unternehmungen verachtet, und bestürzt fliehen sie, – und sie erröteten, hätten die Frechen Scham. Erhoben habt ihr euch, und aufgestanden seid ihr, und die Hölle wird euch nicht überwältigen. Lebt wohl, geliebte Brüder! Euer ist das himmlische Königreich, das ihr heimgebracht habt zu euch. Friede und Heil sei mit euch!
Gratias vobis Galli! qui verba Christi contentis stupidorum tyrannorum minis adimplere ausi fuistis. Vos solem et lunam criminis, papam et regem vestrum radiis privastis. Vos astra servorum et stellas, principes nempe, proceres et nobiles cadere fecistis. Vos exaltatos humilastis et humilatos exaltantes regnum Christi, quod juxta propria illius dicta in medio nostrum est, inter vos fundavistis. Vos surrexistis et stetistis contra populos, qui juga sua vobis injungere delirantes armis et igne pagos vestros devastarunt. In utiles reddidit sapientia vestra conatus illorum, et animus vester contrivit barbaram tyrannorum temeritatem. Sanies fuit in superbis labiis eorum et sermonem Iovis loqui ausi sunt, sed intrepida mens vestra contempsit ausus eorum et confusi cedunt et erubescerent, si protervis rubor esset. Surrexistis et stetistis et inferi non praevaluerunt adversus vos. Valete dilecti fratres! vestrum est regnum caelorum, quod reduxistis ad vos. Pax et salus vobis!
Textgrundlagen der Neuausgabe
Quellen
Literatur zu den Wiener Jakobinern
und zu Hebenstreits Homo hominibus