Kriminelle Energie im Deutschunterricht
Drei Thesen zum Wert von Spannungsliteratur
DOI:
https://doi.org/10.25365/wdr-05-04-03Schlagworte:
Deutschunterricht, Christine Nöstlinger, Wolf Haas, Kinder und Jugendliteratur, WertereflexionAbstract
Gewürdigt wird in der didaktischen Diskussion mit Blick auf unterrichtliche Beschäftigung mit Kinder- und Jugendkrimiliteratur primär das Potential für Lesemotivation und Leseförderung, das das Lesen von Unterhaltungsliteratur vertretbar macht. Dass Kriminalliteratur darüber hinaus besondere Eigenheiten aufweist, die die Auswahl als Schullektüre sogar als besonders wünschenswert erscheinen lässt, kann zusammenfassend am Phänomen der Spannung herausgearbeitet werden: Literarische Spannung erhöht die Bindung der Leser:innen an den Text und führt zu einer Involviertheit, die „detektorisches Lesen“ (E. Paefgen) fördern kann. Die moderne Entwicklungspsychologie beschreibt außerdem die Phase der Adoleszenz als besonders spannungsvoll. Der Drang nach Auflösung auf Textebene kann gerade in der Phase der Pubertät erleichternd wirken und bestimmte Entwicklungsaufgaben dieser Zeitspanne begleiten (vgl. G. v. Glasenapp). Involviertheit und Immersion können schließlich eine starke Identifizierung mit handelnden Figuren hervorrufen, die anregend auf die Ausbildung einer Wertereflexionskompetenz wirken können.
In the didactic discussion, the potential for reading motivation and reading promotion, which makes reading entertainment literature justifiable, is primarily recognised with regard to the teaching of children's and young adult crime fiction. The fact that crime fiction also has special characteristics that make its selection as school reading particularly desirable can be summarised by the phenomenon of suspense: Literary suspense increases the reader's attachment to the text and leads to an involvement that can promote "detective reading" (E. Paefgen). Modern developmental psychology also describes the phase of adolescence as particularly exciting. The urge for resolution at text level can have a relieving effect, especially in the phase of puberty, and accompany certain developmental tasks of this period (cf. G. v. Glasenapp). Involvement and immersion can ultimately evoke a strong identification with the characters involved, which can have a stimulating effect on the development of value-reflection skills.