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Geschlecht, Arbeit und Ungleichheit in der OeZG

2023-04-11

Jessica Richter & Tim Rütten

Wo eine*r hinschaut, Geschlechterungleichheit durchzieht alle Bereiche der Gesellschaften (nicht nur) in Europa. Frauen sind politisch schlechter vertreten, stoßen bei der Verteilung von Posten und Positionen an betonierte Decken, sind häufiger von Armut betroffen. Im Schnitt arbeiten sie länger als Männer und erhalten weniger Gehalt – sogar dann, wenn sie derselben Erwerbstätigkeit wie ihre männlichen Kollegen nachgehen. Am Ungleichgewicht in der Verteilung von Care-Arbeit hat sich trotz der jahrzehntelangen feministischen Kritik erschreckend wenig getan.

Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Um zu verstehen, wie sich Ungleichheit zwischen Frauen und Männern historisch durchgesetzt und immer wieder neu hergestellt hat, lohnt die Untersuchung von Arbeit(sverhältnissen). In der kapitalistischen Moderne fungiert(e) Arbeit als „Platzanweiserin“: Sie avancierte zum Lebenszweck per se und positionierte Menschen in der Gesellschaft. Die Hierarchisierung von Berufen und Lebensunterhalten entlang von Geschlecht, sozialer und soziogeographischer Herkunft etc. bestimmte auch die Rangordnung zwischen Menschen mit. Mit den Vorstellungen der Liebesheirat, privater Idylle und den Imaginationen ‚natürlicher‘ geschlechtsspezifischer Eigenschaften und Fähigkeiten setzte sich ferner das Ideal der für das häusliche Wohl zuständigen Frauen zunehmend durch. Während häusliche Tätigkeiten als unproduktiv und immer weniger als Arbeit verstanden wurden, sollten Männer miteinander um Berufe, Posten und Prestige in Konkurrenz treten. Sie allein galten als produktiv, als Träger von Kompetenz und Wissen.

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Aktuelle Ausgabe

Bd. 33 Nr. 3 (2022): Arbeit und Geschlecht
Cover der OeZG 3/2022

Herausgeber*innen: Jessica Richter und Tim Rütten

Redaktion: Elisa Heinrich

Jahrzehntelangen feministischen Kämpfen, Analysen und Errungenschaften zum Trotz sind Männer und Frauen in Arbeitsmarkt, Beschäftigung oder Sozialversicherung keineswegs gleichgestellt. Der Gender Pay Gap oder die Tatsache, dass insbesondere Frauen von (Alters-)Armut betroffen sind, sind nur einige merkliche Auswirkungen der Geschlechterungleichheit, die auch im 21. Jahrhundert nicht an Wirkmächtigkeit verloren hat. Dieser Band macht sich die Geschichte von Geschlechterhierarchien in Arbeitskontexten zum Gegenstand und stellt sich damit in die lange Tradition frauen- und geschlechterhistorischer Forschungen. Die Beiträge untersuchen, wie Ungleichheit zwischen Männern und Frauen historisch immer wieder neu hergestellt, ausgestaltet und abgesichert wurde. Sie zeigen die vielfältigen Wechselbezüge von Arbeit und Geschlecht auf und analysieren die Verschränkungen mit anderen Differenz- und Ungleichheitskategorien, insbesondere mit Stand/Klasse. Dabei stellen die Autor*innen Akteur*innen in den Mittelpunkt ihres Interesses, die an der Durchsetzung von Hierarchien oder an stillen oder lautstarken Protesten um deren Beseitigung beteiligt waren. Die Protagonistinnen der Beiträge sind meist weibliche Arbeitskräfte, die sich ihren Lebensunterhalt vielfach unter äußerst prekären Umständen organisierten. Damit schreiben die Aufsätze die Geschlechtergeschichte von Ungleichheit, Diskriminierung und Prekarität, aber auch von Handlungsmacht und Eigensinn in Arbeitsverhältnissen fort.

Diese Ausgabe ist auch als Print-Version im StudienVerlag erschienen. Buchgestaltung nach Entwürfen von himmel. Studio für Design und Kommunikation, Satz: Marianne Oppel, Umschlag: StudienVerlag/Karin Berner.

Veröffentlicht: 2023-03-01
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Die Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften (OeZG) besteht seit dem Jahr 1990. Sie veröffentlicht insbesondere Forschungsbeiträge zur Frauen- und Geschlechtergeschichte, Kulturgeschichte, Wissenschaftsgeschichte, Politikgeschichte sowie Wirtschafts- und Sozialgeschichte in deutscher und englischer Sprache. Sie erscheint dreimal im Jahr, meist in Themenbänden, gelegentlich auch in thematisch offenen Heften. Ihre Stärke ist es, theoretisch und methodisch innovative Zugänge mit historisch relevanten Themenstellungen und Debatten zu verbinden.
Seit 2020 erscheint die Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften (OeZG) via OJS3 als Open Access Journal. Alle Ausgaben seit 1990 wurden eingearbeitet und an dieser Stelle zugänglich gemacht (Backlist). Aktuelle und alte Ausgaben der OeZG in gedruckter Form sind in Printform weiterhin über den StudienVerlag (bzw. im Buchhandel) erhältlich. Außerdem sind alle bisherigen Ausgaben (bis Jg. 30/H. 2/2019) auf der Website des Verlages auch digital verfügbar.